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Numerus Clausus – Braucht jeder Arzt ein Einser-Abi?

Der Weg zum Humanmediziner bedurfte bislang eines überdurchschnittlichen Abiturs oder aber sehr großer Geduld. In jedem Falle aber führte er zunächst über die Stiftung für Hochschulzulassung, deren Aufgabe darin besteht, die Hochschulen bei der Durchführung der Zulassungsverfahren zu unterstützen.

Die Studienplätze für Medizin wurden bislang nach einer festgelegten Richtlinie von der Stiftung für Hochschulzulassung vergeben. Dieses zentrale Vergabeverfahren orientierte sich im Bereich der Humanmedizin in erster Linie an den Abiturnoten. Dabei wurden 20 Prozent der Plätze an Bewerber mit den besten Abiturnoten vergeben. Aktuell ist ein Schnitt von 1,0 bis 1,2 dafür nötig. Weitere 20 Prozent wurden nach Wartezeit vergeben. Hierzu ist jedoch viel Geduld erforderlich, inzwischen bis zu 15 Wartesemester. Die verbleibenden 60 Prozent vergaben die Hochschulen nach eigenen Kriterien. Aber auch dabei spielte die Abiturnote eine große bis sehr große Rolle. Zusätzlich konnte es Tests und Gespräche geben. Bewerber, die bereits eine Ausbildung im medizinischen Bereich absolviert haben, konnten ihre Chancen durch diese zusätzliche Qualifikation verbessern.

Das Bundesverfassungsgericht hat nun das bisherige Verfahren, nach dem die Studienplätze für Medizin vergeben werden, mit dem Grundgesetz in Teilen für unvereinbar erklärt. Das Auswahlverfahren durch einen Numerus Clausus verletze den grundrechtlichen Anspruch der Studienplatzbewerber auf gleiche Teilehabe am staatlichen Studienangebot. Ursprünglich war der Numerus clausus ein Instrument, das nur in Sonderfällen und auch nur vorübergehend zum Einsatz kommen sollte. Jedoch hat sich die Anzahl an Bewerbungen im Bereich der Humanmedizin vervielfacht. Auf jeden Studienplatz für Humanmedizin kommen mehrere Bewerber, infolgedessen der Numerus Clausus längst nicht mehr nur eine Notlösung ist.

Das Verfassungsgericht hat entschieden, dass die Auswahlverfahren der Hochschulen bundesweit standardisiert und strukturiert werden müssen. Bund und Länder sind deshalb verpflichtet, die Auswahlkriterien neu zu regeln, die es neben der Abiturnote gibt. Zwar erweist sich der derzeitige Vergabeschlüssel für Medizin als nicht mit der Verfassung vereinbar, nicht jedoch die Zulassungsbeschränkung an sich. Denn grundsätzlich ist die Vergabe nach den besten Abiturnoten, nach Wartezeit und nach einer Auswahl durch die Universitäten mit dem Grundgesetz zu vereinbaren.

Die Hochschulen sollen in ihren Auswahlverfahren jedoch neben der Abiturnote mindestens zwei weitere Kriterien berücksichtigen. Soziale und kommunikative Fähigkeiten sowie Leistungsbereitschaft der Studienbewerber können hierbei eine Rolle spielen. Auch die Zahl der Wartesemester soll enger begrenzt werden. Zudem soll sich weiterhin eine Ausbildung oder eine Tätigkeit in medizinischen Berufen positiv auswirken. Die Festlegung auf höchstens sechs gewünschte Studienorte dürfe nicht dazu führen, dass ein Bewerber, der eigentlich erfolgreich wäre, am Ende leer ausginge.

Das Verfassungsgericht hat dem bisherigen System eine deutliche Absage erteilt. Die Umsetzung der Verfassungsgerichtsentscheidung bleibt abzuwarten. Die Karten werden neu gemischt.